1. Krefeld

Dokumentation über zwei Krefelderinnen ausgezeichnet: Leben mit chronischen Schmerzen

Dokumentation über zwei Krefelderinnen ausgezeichnet : Leben mit chronischen Schmerzen

Wie gestalten Menschen mit chronischen Schmerzen ihren Alltag? Wie können sie trotzdem ein positives Lebensgefühl entwickeln? Ein Film über drei Betroffene, darunter zwei Krefelderinnen, zeigt ungewöhnliche Einblicke.

Für Jeanette Merkel war die Pubertät "die schönste Zeit in meinem Leben". Als Heranwachsende blieb sie weitgehend von Schmerzen verschont, konnte ganz normal aufwachsen. Wenige Jahre später folgten einschneidend Erfahrungen: "Nach dem ersten Gelenkverschleiß im Erwachsenenalter wurde es immer schlimmer", erzählt die heute 37-Jährige.

Sie leidet an chronischen Entzündungen der Gelenke: eine schwere Form von Rheuma. Inzwischen wurden ihr künstliche Knie und Hüftgelenke eingesetzt. Das Auftreten der Schmerzen ist dabei höchst unterschiedlich: Auf einen Morgen, an dem sie sich kaum bewegen kann, kann durchaus ein weitgehend beschwerdefreier Nachmittag folgen.

"Ich habe gut gelernt, Schmerzen ausschalten zu können", berichtet die 2011 nach Krefeld Gezogene. Bei ihren ehemaligen Kollegen in einem Heizungs/Sanitär-Betrieb führte ihre Erkrankung letztlich zu Mobbing. Inzwischen ist sie vorläufig verrentet.

Dem Wuppertaler Filmemacher Christoph Müller hat sie ihre Geschichte erzählt. In Krefeld macht sie in der Selbsthilfegruppe "Positiver Umgang mit chronischen Schmerzen mit."

Morphin ins Rückenmark

Gegründet wurde die Gruppe von Ilona Flottmann. Auch die 53-Jährige ließ sich vom Medienprojekt Wuppertal begleiten. Die gelernte Industriekauffrau erlitt vor mehr als 20 Jahren mehrere schwere Bandscheibenvorfällen und musste fast 40 Operationen über sich ergehen lassen.

Zur Linderung der Schmerzen wurde ihr als eine der ersten Patientinnen in Deutschland eine Morphinpumpe eingesetzt, die die Substanz über einen Katheder ins Rückenmark spritzt. Das lindert zwar den Schmerz, macht aber auch abhängig. "Ich bin ein Junkie auf Rezept", sagt die Krefelderin lächelnd.

Beim Versuch, ihre Medikation umzustellen, musste sie erleben, was "kalter Entzug" bedeutet.

Seit 1993 ist sie in Rente. Mit der Zeit ging auch ihre Beziehung in die Brüche. Ein schwerer Schlag für die Krefelderin. "Ich war damals ein hoffnungsloser Fall", erinnert sie sich. In einer Selbsthilfegruppe erlebte sie dann erstmals seit langer Zeit wieder Wertschätzung von sich selbst als Person. Ilona Flottman: "Das war Balsam auf meine Seele".

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Inzwischen lebt sie im betreuten Wohnen und hat gelernt, den Schmerz nicht mehr ihr Leben bestimmen zu lassen: "Es gibt 1000 Methoden im Umgang mit Schmerz". Wichtig sei, die Oberhand zu behalten.

Sie sieht ihn sogar als eine Art Partner, mit dem man Abmachungen treffen kann, wann er auftreten "darf" und wann nicht. "Doch, das funktioniert", fügt die Krefelderin verschmitzt hinzu. Heute engagiert sie sich ehrenamtlich bei der Telefonseelsorge und hilft verzweifelten Anrufern mit ihrer Lebenserfahrung.

Der Film folgte den Betroffenen auch in für sie unangenehmen Situationen, ohne dabei ins Voyeuristische abzugleiten. Alle Szenen wurden von den Betroffenen freigegeben. In allen drei Fällen geht es letztlich um die Frage, wie man trotz des Schmerzes wieder Lebensqualität erreicht.

Der Film "SchmerzHAFT" aus dem Jahr 2013 wurde gerade mit dem Schmerzpreis NRW ausgezeichnet. Er wird am 17. Oktober und 5. November gezeigt (siehe Kasten). Anschließend ist eine Diskussion möglich.

Weitere Infos über die Selbsthilfe-Kontaktstelle Krefeld unter Tel. 02151-9619025.

www.selbsthilfe-krefeld.de

(jps)